Persönliche Erklärung zur Abstimmung über das Asylpaket II

Erklärung nach §31 GO BT der Abgeordneten Saskia Esken

zum Abstimmungsverhalten zum „Entwurf eines Gesetzes zur Einführung beschleunigter Asylverfahren“ und zum „Entwurf eines Gesetzes zur erleichterten Ausweisung von straffälligen Ausländern und zum erweiterten Ausschluss der Flüchtlingsanerkennung bei straffälligen Asylbewerbern“ am 25.02.2016

Ich habe heute dem so genannten Asylpaket II zugestimmt. Diese Entscheidung ist mir, wie vielen meiner AbgeordnetenkollegInnen auch, sehr schwer gefallen. Die Kolleginnen und Kollegen in meiner Fraktion, die sich entschieden haben, anders abzustimmen, haben dabei meinen allergrößten Respekt. In Sitzungen der Bundestagsfraktion, in meiner Landesgruppe, mit KollegInnen, meinem Team und auch seit Wochen mit den GenossInnen vor Ort in meinem Wahlkreis habe ich intensiv über die bisherigen Maßnahmen in der Flüchtlingspolitik diskutiert, und darüber, was wir uns für die Zukunft wünschen und was wir erwarten.

Mein Anspruch an meine Arbeit als Bundestagsabgeordnete ist es, keine Spiele (mit-) zu spielen – populistische Scheinlösungen und reine Symbolpolitik sind mir zuwider, ich will wirksame politische Entscheidungen treffen. Es ist mir deshalb ein Anliegen, mich offen und verständlich dazu zu erklären, was das Asylpaket II beinhaltet. Und was eben noch nicht damit beschlossen wurde, aber durchaus schon zwischen den Koalitionspartnern CDU, CSU und SPD vereinbart wurde.

Im Deutschen Bundestag wurde heute über den Entwurf eines Gesetzes zur Einführung beschleunigter Asylverfahren und den Entwurf zur erleichterten Ausweisung von straffälligen Ausländern und zum erweiterten Ausschluss der Flüchtlingsanerkennung bei straffälligen Asylbewerbern abgestimmt.

Ziele des Gesetzes zur Einführung beschleunigter Asylverfahren sind mehr Ordnung bei der Aufnahme von Flüchtlingen, schnellere Asylverfahren und eine raschere Rückführung von Menschen, die kein Bleiberecht haben. Das bedeutet, Asylsuchende mit geringen Chancen auf Anerkennung werden künftig in besonderen Aufnahme-Einrichtungen untergebracht, in denen die Asylverfahren in rund drei Wochen abgeschlossen sein sollen. Ich halte diese Maßnahme für sinnvoll und bin mir sicher, dass sie auch Wirkung entfalten wird. Die Regelung betrifft Menschen aus sicheren Herkunftsstaaten, mit Wieder-einreisesperren oder solche, die keine Bereitschaft zeigen, ihre wahre Herkunft aufzudecken. Für diesen Personenkreis gilt auch eine verschärfte Residenzpflicht, d.h., sie dürfen den Bezirk der zuständigen Ausländerbehörde nicht verlassen. Ihre Rückführung soll unmittelbar aus der Aufnahme-Einrichtung erfolgen. Wer sich diesem Verfahren verweigert, dem drohen künftig Sanktionen wie etwa Wegfall des Leistungsanspruchs.

Außerdem sieht das geplante Gesetz vor, den Familiennachzug für subsidiär Schutzberechtige ab Inkrafttreten des Gesetzes befristet für zwei Jahre auszusetzen. Die Zustimmung zu dieser Regelung bereitet mir große Probleme. Auch wenn in der Realität insgesamt nur sehr wenige Personen davon betroffen sein werden (nach Zahlen des Bundesministerium des Inneren erhielten 2015 nur 1707 Personen, das heißt 0,6 Prozent der entschiedenen Antragssteller subsidiären Schutz und nur 105 Fälle von Familiennachzug fanden statt), ist das ein Zeichen, dass ich aus humanitären Gründen nicht für richtig halte. Ich bin überzeugt: Integration gelingt besser, wenn ganze Familien nach Deutschland kommen. Und ich gehe fest davon aus, dass nach Ende der zweijährigen Aussetzung der Familiennachzug wieder aufgenommen wird, wie es das Gesetz vorsieht.

Ich bin sehr froh, dass wir uns vehement dafür eingesetzt haben, dass für minderjährige Flüchtlinge mit subsidiären Schutzstatus eine Härtefallregelung gelten wird. Wie diese Kompromisslinie der Einzelfallprüfung durch Auswärtiges Amt und Innenministerium im Einzelfall wirkt und wie die Bürokratie mit diesen Fällen überhaupt zurechtkommt, das muss man dann in der Praxis sehen, aber die Zahl der Betroffenen liegt im niedrigen dreistelligen Bereich und ist damit auch hier recht gering.

In Rahmen des Gesetzentwurfs zur erleichterten Ausweisung von straffälligen Ausländern und zum erweiterten Ausschluss der Flüchtlingsanerkennung bei straffälligen Asylbewerbern soll die Ausweisung straffälliger Ausländer erleichtert werden. Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder der Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte begründen zukünftig ein so genanntes schwerwiegendes Ausweisungsinteresse, sofern ein Ausländer hierfür zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe, unabhängig von deren Höhe, verurteilt wurde. Dies gilt auch, wenn die Strafe zur Bewährung ausgesetzt wurde. Bislang musste die verhängte Freiheitsstrafe mindestens ein Jahr betragen, um ein schwerwiegendes Ausweiseinteresse zu begründen. Allerdings erfolgt stets eine Einzelfallabwägung aller Interessen, was ich sehr begrüße. Zudem sieht der Gesetzentwurf vor, dass Asylbewerbern, die Straftaten begehen, trotz Vorliegen von Fluchtgründen leichter als bislang die rechtliche Anerkennung als Flüchtling versagt werden kann.

Mir ist es aber auch wichtig, deutlich zu machen: In den Verhandlungen zwischen CDU, CSU und SPD wurden weitere Vereinbarungen getroffen, die in einem künftigen Gesetzgebungsverfahren umgesetzt werden sollen, die die bessere Integration derer zum Ziel hat, die eine Bleibeperpektive haben. Ich werde mich gemeinsam mit meiner SPD-Bundestagsfraktion dafür einsetzen, dass dies schnell geschieht.

Dazu gehört es beispielsweise, dass wir für Ausbildungsbetriebe und Geflüchtete Planungssicherheit schaffen, weil Auszubildende unabhängig von ihrem Status für die Dauer einer 3-jährigen Ausbildung ebenso Bleiberecht erhalten wie für die 2 Jahre danach. Ebenso ist vereinbart, die Altersgrenze für ausbildungsunterstützende Maßnahmen von 21 auf 25 Jahre anzuheben. All das dient der Integration von geflohenen jungen Menschen in unseren Arbeitsmarkt und damit in unsere Gesellschaft.

Eines muss ich aber ganz deutlich sagen: Ich werde jede weitere Verschärfung des Asylrechts ablehnen, die Spirale von Beschlüssen, die stets  weitere Forderungen nach sich zogen, muss jetzt beendet werden. Wir müssen uns jetzt endlich damit beschäftigen, die Registrierung, die Unterbringung und die Integration der Geflüchteten gut zu bewältigen und dabei unsere Gesellschaft in ihrer humanitären und offenen Grundhaltung zusammen zu halten.

Was jetzt folgen muss, das ist ein Integrationsgesetz zur Verbesserung des Zugangs zu Sprachkursen, Bildung, Ausbildung und Arbeit für Asylsuchende, das soziale Teilhabe schafft und dafür sorgt, dass die Menschen, die zu uns geflohen sind, als Teil unserer Gesellschaft ihr Leben selbst in die Hand nehmen und gestalten können.

 

Saskia Esken, MdB

Berlin, den 25.02.2016

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