Esken zum Sonderparteitag - Calwer Genossen stellen Antrag

KREIS CALW. Die Delegierten der SPD stehen am morgigen Sonntag vor einer schwierigen  Entscheidung. Die Debatte über eine Neuauflage der Großen Koalition wogt so kurz vor dem großen Sonderparteitag in Bonn auch bei den 440 000 SPD-Mitgliedern der Basis, die am Ende das letzte Wort über den potenziellen Eintritt in eine Regierung mit CDU und CSU haben sollen.

Mitglieder des Calwer SPD-Kreisverbands trafen sich bereits kurz nach dem Ende der Sondierungsgespräche zu einer offenen Vorstandsitzung, um ihren Teil zur Debatte beizutragen. 17 Genossinnen und Genossen saßen im Calwer Büro der Bundestagsabgeordneten Saskia Esken zusammen, um die Sondierungen zu bewerten und über die Bedingungen und Alternativen der Regierungsbildung in Berlin zu beraten.  Aus der Sitzung heraus wurde ein Antrag für den Parteitag formuliert, der keine Empfehlung für oder gegen Verhandlungen ausspricht, wohl aber Forderungen dafür aufstellt.

Der Antrag umfasst vier Kernpunkte, die den Calwern für den Fall von Koalitionsverhandlungen besonders wichtig erscheinen. Zum einen fordern die Genossen eine Erhöhung der Regelsätze für Kinder und Jugendliche, die im Hartz-IV-Bezug leben, da „die angedachten Maßnahmen Kinder im Hartz IV-Bezug wegen der Anrechnung überwiegend nicht erreichen“, heißt es in dem Antrag.

Des Weiteren wollen sich die Genossen nicht damit abfinden, dass die Abschaffung der sachgrundlosen Befristung von Arbeitsverträgen im aktuellen Sondierungspapier keinen Eingang gefunden hat. „Weil sie ungerechtfertigt ist und es den meist jungen Betroffenen an Planungssicherheit für ihr Leben fehlt“, betonen die Genossen in ihrem Antrag. Gleichzeitig bestehen die Sozialdemokraten auf einer Gleichstellung von Leih- und Zeitarbeitern. Prekäre Beschäftigung würde Belegschaften und die Gesellschaft spalten.

Kritik übt die Calwer SPD auch an dem Plan, Flüchtlinge während des gesamten Asylverfahrens in „zentralen Aufnahme-, Entscheidungs- und Rückführungseinrichtungen“ unterzubringen. Sie fordern, den Aufenthalt in diesen Einrichtungen zeitlich eng zu begrenzen. Ebenfalls kritisch sehen die Calwer Genossen den Kompromiss zum Familiennachzug: „Wir fordern, dass der Nachzug der engeren Familie auch für subsidiär geschützte Personen wieder in vollem Umfang ermöglicht wird.“ Abschließend halten die Calwer in ihrem Antrag an den Sonderparteitag das Ziel fest, das Wahlalter auf 16 Jahre herabzusetzen, um „jungen Menschen mehr politische Teilhabe zu ermöglichen“.

Auch die Ergebnisse einer mitgliederoffenen Klausur zur Arbeitsplanung des Kreisverbands wurden an dem Abend vorgestellt. Die Sozialdemokraten nehmen sich darin vor, „die SPD im Kreis Calw sichtbarer, politischer, wirksamer und damit erfolgreicher zu machen.“ Die SPDler wollen „langjährige und neue Mitglieder aktivieren und einbinden, aus der Last der SPD-Mitgliedschaft wieder eine Lust machen und den Zusammenhalt in unseren Reihen stärken“, wie es in einer Mitteilung heißt.

Mit dem Antrag der Calwer Genossen im Gepäck wird sich die Bundestagsabgeordnete Saskia Esken am morgigen Sonntag zum Sonderparteitag der SPD nach Bonn aufmachen. Ihre Stimme für oder gegen die Aufnahme von Koalitionsverhandlungen macht die Abgeordnete vom Verlauf der Debatte abhängig. “Der Bundesparteitag verlangt für seine Zustimmung zur Aufnahme von Koalitionsverhandlungen womöglich, wie mein Kreisverband, eine Erweiterung, eine Schärfung oder eine Beschränkung der Sondierungsergebnisse. Wenn die Delegierten dann zustimmen, dann liegt es an uns, dieses noch dünne, aber potenziell sozialdemokratisch gehaltvolle Sondierungspapier weiterzuentwickeln. Die Mitglieder und die Freunde der SPD dürfen erwarten, dass wir hart für viel Sozialdemokratie verhandeln. Und dass wir dafür im Verhandeln auch ein Scheitern in Kauf nehmen. Wenn ein Koalitionsvertrag dabei herauskommen sollte, dann traue ich unseren Mitgliedern die Einschätzung zu, ob diese Koalition ein Himmelfahrtskommando ist, von dem man besser die Finger lassen sollte – oder ob sie für die Menschen und für das Land Gutes bewirken kann“ formuliert die Abgeordnete in einem ausführlichen Artikel auf ihrer Webseite

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