Berlin. „Wir haben einen großen Schritt nach vorne gemacht, der flächendeckende gesetzliche Mindestlohn kommt“, freut sich Saskia Esken, die SPD-Bundestagsabgeordnete für den Wahlkreis Calw/Freudenstadt. Dies sei ein großer politischer Erfolg sozialdemokratischer Arbeitsmarktpolitik. Nachdem Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) das Tarifpaket vorgelegt hat, soll es nun im Zuge des üblichen Gesetzgebungsverfahrens bis zur Mitte der zweiten Jahreshälfte in Bundestag und Bundesrat beraten und beschlossen werden. Vom 1. Januar 2015 an soll der Mindestlohn dann bundesweit gelten. Der Mindestlohn darf bis 2017 auch unterschritten werden, wo ein Tarifvertrag gültig ist. Das und die Erleichterung der Allgemeinverbindlicherklärung wird zu einer dauerhaften und nachhaltigen Stärkung der Tarifbindung führen.
„Es hat sich gelohnt für diese Verbesserungen zu kämpfen, denn mit der Einführung des branchenunabhängigen Mindestlohns erhält die Arbeit in Ost und West endlich wieder ihre Würde zurück“, unterstreicht die SPD-Abgeordnete aus dem Nordschwarzwald.
„Niedriglöhne unter 8,50 Euro sind nicht nur, wie viele glauben, anderswo in Deutschland ein Problem. Auch in unserer Region leisten zahlreiche Menschen gute Arbeit, werden dafür aber nicht entsprechend gerecht und würdig entlohnt“, sagt Esken. Laut einer Studie des Pestel-Instituts in Hannover haben mehr als 16200 Frauen und Männer im Landkreis Calw und rund 13000 Arbeitnehmer im Landkreis Freudenstadt zuletzt weniger als 8,50 Euro pro Stunde verdient. „Das sind 30000 Niedriglöhner zu viel“, so die SPD-Abgeordnete, der es in ihrer politischen Arbeit seit jeher vor allem um eines geht: Gerechtigkeit. Saskia Esken hat aber nicht nur das Wohl der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer und die Würde der Arbeit im Blick, wenn sie sich mit Nachdruck für den Mindestlohn stark macht. Sie verweist auch auf die gesamtwirtschaftliche Wirkung des Mindestlohns, die das Pestel-Institut ebenfalls untersucht hat.
„Der gesetzliche Mindestlohn von 8,50 Euro pro Stunde könnte demnach im Kreis Calw einen Kaufkraftzuwachs von 33,7 Millionen Euro bewirken, im Kreis Freudenstadt wären es 28 Millionen Euro“, erläutert die Sozialdemokratin die binnenwirtschaftliche Wirkung des Mindestlohns. Gesamtwirtschaftlich summiert sich das Kaufkraftpotenzial des Mindestlohns auf etwa 19,1 Milliarden Euro und stellt damit einen nicht unerheblichen Faktor für die Binnennachfrage dar. Schließlich hätten bei der Bezahlung eines Mindestlohns gerade Geringverdiener für die Ausgaben des täglichen Bedarfs mehr Geld zur Verfügung. Der zusätzlich zur Verfügung stehende Betrag könne helfen, den Binnenmarkt weiter anzukurbeln und die Konjunktur damit zu stabilisieren.
Esken sieht durch die Einführung des Mindestlohns mit Blick gerade auf die heimische Wirtschaft in ihrem Wahlkreis aber noch einen ganz anderen Vorteil. „Die große Mehrheit unserer Handwerks- und Dienstleistungsbetriebe, die Tariflöhne bezahlt, leidet unter dem Druck eines unsauberen Wettbewerbs durch Lohndumping. Diese Betriebe profitieren ganz unmittelbar von einem flächendeckenden gesetzlichen Mindestlohn“, ist die aus Bad Liebenzell stammende Politikerin überzeugt.
Dass allein die Einführung des Mindestlohns zum 1. Januar 2015 kein Allheilmittel ist, um Ungerechtigkeiten in der Entlohnung zu beseitigen, dessen ist sich Esken durchaus bewusst. „Die Einführung des gesetzlichen Mindestlohns ist ein großer Schritt in die richtige Richtung“, sagt sie. Es sei ebenso wichtig, künftig alle gesetzlichen Möglichkeiten auszuschöpfen, um die Einhaltung der neuen Regelung zu kontrollieren. „Die zuständige Abteilung beim Zoll muss deshalb personell aufgestockt werden“ sagt Esken. Aber auch gegen die Ungleichbehandlung von Männern und Frauen bei der Entlohnung will sich Esken weiterhin engagieren. „Im Schnitt verdienen Frauen in Deutschland noch immer 22 Prozent weniger als Männer“, beklagt die Bundestagsabgeordnete.
Dass Jugendliche unter 18 Jahren, Auszubildende, Praktikantinnen und Praktikanten sowie ehrenamtlich Tätige vom Mindestlohn ausgenommen sind, hält Esken für sachlich gerechtfertigt. „Es muss doch unser Ziel sein, dass möglichst alle Jugendlichen eine berufliche Qualifikation anstreben, denn damit werden sie im späteren Berufsleben in den allermeisten Fällen erst gar nicht auf den gesetzlichen Mindestlohn angewiesen sein“, sagt Esken. Auch für den dauerhaften Einstieg langzeitarbeitsloser Menschen in den Arbeitsmarkt könne die vereinbarte Übergangsphase von einem halben Jahr hilfreich sein, „vor allem wenn sie mit Maßnahmen zur Wiedereingliederung begleitet wird“, sagt Esken, die es auch für ein falsches Zeichen hielte, für ehrenamtlich geleistete Arbeit einen Mindestlohn zu zahlen. „Da würde dann ja schon die Bezeichnung des Ehrenamts konterkariert“, so Esken.
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