Die symbolische Abstimmung über die Frage, ob Deutschland Waffen in die Krisenregion des Nordiraks exportieren soll, stellt mich und andere Abgeordnete vor eine schwierige Entscheidung. Heribert Prantl von der Süddeutschen Zeitung hat geschrieben, hier könne man sich nur falsch entscheiden. Am Ende werde auch ich mich für das geringere Übel entscheiden müssen.
Die drastischen Bilder, die uns aus dem Norden des Iraks und aus anderen Gebieten erreichen, sind nur schwer zu verdauen. Jeder, der sich den Truppen des "Islamischen Staates" (IS) nicht unterwirft, wird mit Mitteln der schlimmsten Barbarei vernichtet. Wie gehen wir mit dieser Situation um? Reicht es für unser Gewissen aus, den betroffenen Menschen mit humanitärer Hilfe zu Seite zur stehen, auch wenn wir wissen, dass sie sich damit nicht gegen die Truppen der IS wehren können? Wie können wir das durchaus sinnvolle Waffenexportverbot in Krisengebiete dagegen abwägen, dass die Bevölkerung im Nordirak, dass Schiiten, Jesiden und Christen sich schützen müssen - und dabei auch die Langzeitwirkungen der Waffenlieferungen nicht vergessen? In dieser Frage gibt es keine einfache und keine abschließende Antwort.
Ziel der IS ist die Errichtung eines barbarischen Kalifats, das gegenüber Andersgläubigen keine Toleranz zeigt. Die Armee der IS hat im Nordirak zwar bei weitem keine Mehrheit und nur geringen bis keinen Rückhalt in der Bevölkerung. Diese Armee ist jedoch mit modernster Waffentechnik ausgerüstet, und deshalb gelingt es ihr, ein menschenverachtendes Regime in der Region zu festigen. Selbst das sunnitische Saudi-Arabien wurde durch die IS mit der Zerstörung Mekkas bedroht.
Ein riesiger Flüchtlingsstrom hat in der gesamten Region des Nordiraks eingesetzt. Die überfüllten Flüchtlingscamps, in denen sich Menschen aller Religionen aufhalten, werden momentan von kurdischen Truppen beschützt. Die kurdischen Truppen mit ihren veralteten Waffen sind momentan die einzigen Gegner der IS in der Region. Ob sie mit ihrer Ausrüstung den Truppen der IS noch lange standhalten können, ist mehr als fraglich. Werden die kurdischen Truppen besiegt, sind auch die Flüchtlingscamps der Gewalt und Brutalität der Terror-Armee des IS ausgeliefert. Um diesen Menschen Schutz zu bieten, bin ich zu dem Entschluss gekommen, dass Waffenlieferungen an die Kurden im Nordirak das kleinere Übel sind.
Wichtig ist es mir aber deutlich zu machen, dass die wiederholte militärische Einmischung des Westens im arabischen Raum der Region nicht im Geringsten Frieden oder auch nur Stabilität gebracht hat. Die IS besitzt diese modernen Waffensysteme, weil sie oder irgendjemand anders damit ausgestattet wurde. Nicht nur, wer hier aktiv eingreift, trägt Verantwortung. Auch wir sollten unsere Waffenexporte durchaus in einem kritischeren Licht betrachten. Wichtig ist auch die Frage, wie der Irak, wie der gesamte arabische Raum vor allem durch eigene Anstrengungen zu Frieden und Toleranz gegenüber Andersgläubigen finden kann.
In der politischen Diskussion störe ich mich außerdem daran, dass wir über eine mögliche Waffenlieferung diskutieren und entscheiden sollen, aber gleichzeitig nicht bereit sein wollen, zwischenmenschliche Hilfe in Form einer Aufnahme von Flüchtlingen in Europa und Deutschland zu leisten und auch dadurch Verantwortung zu übernehmen. Ich werde mich deshalb dafür einsetzen, dass Deutschland sich zur Aufnahme weiterer Flüchtlinge bereit erklärt.
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