Die SPD-Bundestagsabgeordnete setzt sich mit den Geburtshelferinnen aus der Region für einen nachhaltigen Systemwechsel ein. In einem gemeinsamen Brief an den Bundesgesundheitsminister sollen klare Forderungen formuliert werden.
NAGOLD. Den Internationalen Tag der Hebammen am Montag, 5. Mai, hat die SPD-Bundestagsabgeordnete Saskia Esken zum Anlass genommen, um mit den freiberuflichen Hebammen aus den Kreisen Calw und Freudenstadt deren berufliche Situation zu erörtern. Die sehen nach Einschätzung der rund 50 in den beiden Landkreisen tätigen Hebammen aktuell nicht rosig aus. Der Beruf stelle sich unter den derzeitigen Rahmenbedingungen eher „als ein schlecht bezahltes Hobby“ dar denn als eine Tätigkeit, mit der man ein gutes Auskommen habe, wie die nach Nagold angereisten Hebammen an diesem Abend deutlich machten. In einem Brief an den Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe will die Abgeordnete daher gemeinsam mit den Hebammen auf die Sorgen und Nöte der Berufsgruppe hinweisen und sich für einen nachhaltige Besserstellung in der Finanzierung und Absicherung der Hebammen stark machen. Denn: „Familien brauchen Hebammen, um einen guten Start der Neugeborenen ins Leben zu ermöglichen“, so die Abgeordnete, die selbst drei Kinder hat und die Unterstützung der Hebammen vor, während und nach der Geburt als sehr wertvoll erlebt hat.
Vor allem der Anstieg der Haftpflichtversicherungsprämien ohne ausreichenden Kostenersatz durch die Krankenkassen macht der Berufsgruppe schon seit längerem schwer zu schaffen – in den vergangenen Jahren hat sich der Betrag verzehnfacht und zuletzt für freiberufliche Geburtshelferinnen bei bis zu mehr als 5000 Euro gelegen. Spätestens seit nun bekannt wurde, dass die Nürnberger Versicherung Mitte des Jahres als Haftpflichtversicherer für Hebammen aussteigen will, sehen viele Hebammen ihre berufliche Existenz bedroht. „Das kommt für viele quasi einem Berufsverbot gleich, da ohne Versicherung keine Tätigkeit als Hebamme möglich ist“, sagt Heike Klumpp, Vorsitzende des Kreisverbandes Freudenstadt des Deutschen Hebammenverbands.
Auch Hebammen, die ausschließlich in der Vor- und Nachsorge von Gebärenden tätig sind, litten schließlich unter dem enormen Kosten-, Verwaltungs- und Dokumentationsdruck, der in den vergangenen Jahren erheblich zugenommen habe.
Zu schaffen macht den Hebammen auch, dass sie an allen Wochentagen und zu fast jeder Tages- und Nachtzeit für junge Mütter und deren Kinder in Einsatz seien. Dies belaste nicht selten auch die eigene Familie. Der fehlende Nachwuchs bereitet den Hebammen ebenfalls Sorgen: Immer häufiger komme es daher zu Engpässen bei der Versorgung und Betreuung von Schwangeren und jungen Müttern.
Ein Dutzend Hebammen machte bei dem Gesprächsabend auf Einladung der Abgeordneten in Nagold deutlich, wie schwierig der Beruf inzwischen geworden ist. Für sie steht daher außer Frage: wenn die Hebammenversorgung gesichert bleiben soll, muss die Politik schnell für eine Lösung sorgen. „Und dafür ist es fünf vor zwölf“, unterstrichen die Hebammen, die laut Claudia Plappert heute „rund ein Drittel ihrer Arbeit nicht vergütet bekommen“.
Vorschläge zu einer nachhaltigen Veränderung im System hatte Esken bereits im ersten Quartal des Jahres erwartet, für das Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) einen Abschlussbericht der seit Anfang 2013 tätigen interministeriellen Arbeitsgruppe „Versorgung mit Hebammenhilfe“ angekündigt hatte. Sie bedauerte deshalb außerordentlich, dass bei dem gezielt terminierten Gespräch noch keine Lösungsvorschläge vorlagen, die man hätte diskutieren können. Umso erfreulicher ist es, dass der Abschlussbericht inzwischen Mitte der Woche vorgelegt wurde und darin auch einige zentrale Forderungen der Geburtshelferinnen berücksichtigt werden. „Jetzt steht die gesetzliche Umsetzung an“, erklärt die SPD-Politikerin. Sie will sich daher weiter gemeinsam mit den Hebammen für Verbesserungen einsetzen. Schon in Kürze soll ein Brief an den Bundesminister verschickt werden. Denn nur wenn sich dauerhaft etwas ändere, könne auch gewährleistet werden, dass die in Deutschland laut Hebamme Annette Zehle „europaweit zumindest bestgedachte Versorgung durch Hebammen“ auch weiterhin gegeben sei.
Saskia Esken will auch weiterhin mit den Hebammen im Dialog bleiben. Über die Ergebnisse des jüngsten Gesprächs will sie zudem ihre AbgeordnetenkollegInnen in Berlin ausführlich unterrichten. „Ich habe viel erfahren, was ich vorher so im Detail nicht gewusst habe“, gab Esken unumwunden zu. Sie ermunterte die Hebammen auch dazu, politisch Verantwortliche auf allen Ebenen mit dem Thema zu konfrontieren, um weitere Verbündete zu erhalten.
Anlässlich des Internationales Tags der Hebammen wird am Montag, 5. Mai, auch die Internetplattform www.meineGeburt-natuerlich-sicher.de freigeschalten, die auf Initiative des Deutschen Hebammenverbands, dem mitgliederstärksten Berufsverband für Geburtshelferinnen in Deutschland, eingerichtet wurde.
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