Die erste Woche meiner Sommertour: Sie war ein Auftakt, wie ich ihn mir spannender nicht hätte vorstellen können. Zum einen waren da die großartigen Gespräche mit meinen Ortsvereinen. In Wildberg, in Calw, in Bad Liebenzell und in Bad Wildbad habe ich mit Mitgliedern und Freunden der SPD über Situation und Zukunft der Partei gesprochen.
Natürlich kam die GroKo zur Sprache, und es wurde deutlich, dass es bei der anstehenden Halbzeitbilanz nicht nur um die zweifellos geleistete Arbeit und künftig mögliche Projekte, sondern vor allem auch um Verhaltensweisen der Partner, um Deals und Kompromisse gehen muss, die der SPD mehr schaden, als alle gute Regierungsarbeit gut machen kann.
Auch ging es darum, welches Personal für die Spitze wir in dieser so schwierigen Zeit brauchen und in welchen Themen die SPD neue Klarheit entwickeln muss. Der Ruf nach mehr Haltung und weniger Schielen nach Mehrheiten ist unüberhörbar. Vielen Dank an alle, die sich hier mit großer Ernsthaftigkeit einbringen!
Am Dienstag starteten wir mit meinem ersten Tourtermin in einer bemerkenswerten Einrichtung: Der Rappelkiste im Schömberger Teilort Langenbrand, die größte der sechs Schömberger Kindertagesstätten. Vom Ortsverein der SPD hatte Ulrike Berkholz den Termin für uns eingefädelt, mit dabei waren der langjährige Ortsvorsteher Siegfried Wankmüller und die neue Vorsitzende Marlene Rupprecht. Marlene hat während ihrer 17 Jahre im Bundestag die SPD-Fraktion im Ausschuss für Frauen und Senioren, Familie und Jugend vertreten.
Empfangen wurden wir von Leiterin Brunhilde Heger, die mit ihrem Team mehr als 100 Kinder in einer der wichtigsten Phasen ihres Lebens begleitet. "Ich mache meine Arbeit mit Leidenschaft", sagt Heger, und ganz ehrlich: Das merkt man auch. Beeindruckt hat mich vor allem, dass in Schömberg die Zeichen der Zeit schon früh erkannt wurden. An fünf Tagen wird hier eine flexible Ganztagsbetreuung angeboten, von 7 bis 17 Uhr. Dass der Bund sich jetzt zusätzlich mit dem "Gute-Kita-Gesetz" in die Finanzierung der Frühkindlichen Bildung einbringt, wurde am Tisch von jedem begrüßt.
In Bad Liebenzell habe ich mich mit Vertretern des Jugendgemeinderats und der Stadtjugendreferentin Franziska Schwemmle im Kurpark auf ein Eis getroffen. Ich finde das klasse, wenn junge Menschen sich in die Gestaltung ihrer Welt einbringen wollen und das auch politisch angehen. Das erinnert mich an meine Zeit als Schülerin im Jugendhaus in Weil der Stadt, kurz danach habe ich mit Freunden auch in meinem Heimatort Renningen eine solche Einrichtung initiiert. Für mich war das der Einstieg in die Politik, weil ich gemerkt habe: Ich kann etwas bewegen! Ich habe die jungen Leute deshalb ermuntert, den Jugendgemeinderat mehr als politisches Gremium zu begreifen und weniger als Komitee zur Organisation von Jugendfreizeitangeboten. Ja, es fehlt an Angeboten für Jugendliche und die muss man auch einfordern. Den Löwenanteil der Organisationsarbeit und das finanzielle Risiko muss dabei aber die Stadt tragen und nicht der Jugendgemeinderat. Ok, nicht alles was hinkt, ist ein Vergleich, aber: Organisiert der Gemeinderat das Stadtfest oder macht das die Verwaltung? Organisiert der Gemeinderat die Kommunalwahlen und führt sie auch durch? So ein Jugendgemeinderat ist dafür da, die Zukunft einer Kommune mitzugestalten, als Erweiterung des Parlaments sozusagen. Damit ist er auch kein Praktikum für Eventmanagement, sondern Lernort für kommunalpolitisches Engagement. Wir "Erwachsenen" sollten das ernst nehmen.
Ein besonderes Erlebnis war die Führung durch den SOPHI-Park, die Rüdiger Krause vom Liebenzeller SPD-Ortsverein für uns organisiert hatte. Die Liebenzellerin Ines Veith, die den Park gemeinsam mit ihrem Mann und zahlreichen Künstlern aus der Region konzipiert und umgesetzt hat, hat uns den Park und seine Entstehung in wunderbarer Weise nahegebracht. Als Journalistin, Autorin und Philosophin schreibt Veith Romane und Drehbücher und macht Filme. Sie hat mit "Die Frau vom Checkpoint Charlie" eine bewegende Geschichte aufgeschrieben, die als Fernseh-Zweiteiler verfilmt wurde. Aktuell hat sie einen Roman rund um den Sophi-Park vollendet. Eine inspirierende Frau, die uns von der Antike bis in die Moderne den großen Denkern und ihren Weisheiten näher brachte. Einziger Wermutstropfen: Auf den Schildern mit den schlauen Zitaten sind leider nur wenige Frauen vertreten. Wer weiß, wie viele große Denkerinnen im Gedächtnis der Menschheit verankert wären, wenn patriarchalisch geprägte Strukturen ihre Gedanken ernstgenommen und die Zeugnisse davon weitergetragen hätten. Ähnliches gilt im Übrigen für die Wissenschaft arabischer, fernöstlicher oder amerikanischer Kulturen.
Im Wildberger Ortsteil Gültlingen ist die Kindertagesstätte Teil einer Oase der Kinder- und Jugendbildung, zu der auch die Grundschule und das Jugendforschungszentrum gehören. Wir haben die Einrichtung auf Einladung von Bürgermeister Ulrich Bünger besucht, der in Begleitung seiner Kinder- und Jugendreferentin Tabea Cramme gekommen war und den ein paar spielende Kinder auf dem Pausenhof mit einem herzhaften "Hallo, Herr Bürgermeister" begrüßten. Wildberg wächst, und vor allem Familien mit Kindern haben die neuen Baugebiete in der Nachbarschaft zum Landkreis Böblingen gerne angenommen. Das hat Einfluss auf die Kinderzahlen, und auch die Anforderungen an die Flexibilität der Betreuungszeiten werden höher. Weil man die Eltern nicht zu lange warten lassen kann, wird ein überschaubarer Zeitraum mit sogenannten Raummodulen überbrückt, denn die Gültlinger wollen ein Familienzentrum bauen. Im Gespräch mit Bünger und Cramme war auch die Leiterin der Einrichtung, Iris Braun, vertreten. Auch in Wildberg wachsen die Bäume nicht in den Himmel, aber auf die Vorgaben beim Personalschlüssel werden immerhin 10 Prozent aufgeschlagen. Dennoch arbeiten gerade Leiterinnen am Rande ihrer Möglichkeiten, weil sie meist noch als Erzieherin mitarbeiten müssen. "Vier- oder mehrgruppige Kindergärten kann man nicht ohne Freistellung leiten", macht die Leiterin völlig zu Recht deutlich. Es ist deshalb sehr zu begrüßen, dass das Geld aus dem "Gute-Kita-Gesetz" – für Baden-Württemberg immerhin etwa 650 Millionen Euro – dem Hörensagen nach zu einem Teil in die Leitungsfreistellung gesteckt wird. Wirklich toll finde ich die sogenannten "Wildberger Tage": Zwei Tage im Jahr werden hier die Einrichtungen geschlossen, damit die MitarbeiterInnen sich gemeinsam fortbilden können.
Neben der frühkindlichen Bildung und Betreuung soll der Klimaschutz ein weiterer Schwerpunkte meiner Tour sein. Der letzte Vor-Ort-Termin in der ersten Woche war deshalb die neue Bioabfallvergärungsanlage, die im Neubulacher Ortsteil Oberhaugstett bald ans Netz gehen soll. Was hier passiert, klingt einfach, ist aber technologisch ganz schön knifflig: Bioabfall wird zu Strom, Wärme und Dünger transformiert. Christian Gmeiner, der Geschäftsführer der Abfallwirtschaftsgesellschaft (AWG) des Landkreises Calw (AWG), der Ingenieur Leonhard Unterberg und Anlagen-Leiter Stefan Till haben uns alles ausführlich erklärt und gezeigt. In der Anlage entsteht aus der Vergärung des Bioabfalls Biogas, das in Blockheizkraftwerken zur Strom- und Wärmeerzeugung genutzt wird. So weit, so üblich. Doch die Oberhaugstetter Anlage ist deutschlandweit einzigartig, denn sie trocknet und verwertet auch das verbleibende Festmaterial weiter. Es wird erwartet, dass die Anlage im Jahr 4200 Megawattstunden Strom produziert. Heißt: Die Anlage allein kann Neubulach und Oberhaugstett komplett mit Strom versorgen – 1200 Haushalte. Genauso stelle ich mir die Dezentralisierung unserer Stromversorgung vor. Innovativ, nachhaltig, gewinnbringend.
In der kommenden Woche sind wir in Alpirsbach und Horb unterwegs. Wir reden über Kultur im ländlichen Raum und treffen uns mit Vertretern von "Fridays for Future". Den Tourplan findet ihr unten. Falls jemand mitkommen will auf einen Termin, kontaktiert einfach mein Calwer Büro.
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