CALW. Die Corona-Pandemie hat viele Unternehmen in existenzielle Nöte gebracht. Besonders bei vielen kleinen und mittleren Unternehmen brachen die Einnahmen dramatisch ein. Die unsichere wirtschaftliche Lage wirkt sich natürlich auch auf die Situation von Schulabsolventen und Auszubildenden aus. Viele Unternehmen haben ihre Ausbildungstätigkeit zurückgefahren oder gar eingestellt, und auch die Übernahme nach dem Ende der Ausbildung ist vielfach ungewiss. Zu all dem wollte Saskia Esken, Bundestagsabgeordnete für die Kreise Calw und Freudenstadt, mit Azubis der HOMAG Group am Standort Holzbronn ins Gespräch kommen. Die Jugend- und Auszubildendenvertretung der HOMAG war unter anderem mit Sonja Mayer und Stefen Rentschler vertreten. Begleitet wurden die Azubis von Armin Auer und Michael Laskarin vom Betriebsrat der HOMAG. Mit in der Runde war außerdem Andreas Reichstein, der Kreisvorsitzende der SPD im Kreis Calw.
Esken hatte das Gespräch mit den Azubis auch gesucht, weil diese eigentlich 2020 nach Berlin fahren und sich mit Esken im Bundestag zu einem Gespräch treffen sollten. Corona hat diesen Plänen einen Strich durch die Rechnung gemacht, so dass man nun eine digitale Alternative wählen musste.
Die schwierige Lage auf dem Ausbildungsmarkt macht Esken große Sorgen: „Wir müssen doch Chancen und Perspektiven für die jungen Leute haben!“ mahnte sie und beklagte, dass die Prämie für die Erhaltung von Ausbildungsplätzen nicht gut abgerufen worden sei. Nicht nur kleine und mittlere Betriebe in unsichere Lage seien zurückhaltend – gerade die großen Unternehmen zögen sich mehr und mehr aus der Ausbildung zurück. Nun werde die Ausbildungsprämie verdoppelt und auch auf größere Betriebe ausgeweitet. „Wir müssen die Unternehmen in ihren Bemühungen um den Erhalt und den Ausbau der dualen Ausbildung unterstützen“, so die Bundestagsabgeordnete.
Für die Jugendvertreter berichtete Sonja Mayer aus den Auswirkungen der Pandemie auf den Alltag der Auszubildenden: „Corona macht uns natürlich zu schaffen. Man kann sich privat und beruflich kaum treffen. Und alles auf die digitale Welt zu verschieben, funktioniert nicht wirklich, auch weil die Internetverbindung auf dem Land nicht immer gut ist“, so Mayer. Die Ausstattung in Betrieb sei sehr gut, während bei der Berufsschule noch Luft nach oben sei.
Auch Stefen Rentschler sprach die gute digitale Arbeit im Betrieb an und verwies auf virtuelle Praktika oder eine Vielzahl von Projekten, die man digital im Homeoffice erledigen könne. „Der Kontakt zu unseren Ausbildern ist trotz Corona sehr gut“, lobte Rentschler.
Esken machte deutlich, gerade Berufsschulen benötigten eine zeitgemäße Ausstattung, um eine zeitgemäße Bildung gewährleisten zu können. „Wenn unsere Berufsschulen die jungen Menschen auf eine Arbeit unter Industrie 4.0 Bedingungen vorbereiten wollen, dann muss die digitale Ausstattung besser werden, das hat nicht nur was mit Corona zu tun.“
Auf Nachfrage Eskens bestätigten die Auszubildenden, dass Corona nicht nur die Ausbildung beeinträchtigt, sondern auch das soziale Leben. Wichtige Veranstaltungen wie Einführungs- und Kennen-Lern-Wochen hätten wegen Corona nur beschränkt stattgefunden. Reichstein stimmte dem zu: „Es geht ja hier nicht nur um die berufliche Qualifikation, sondern auch die soziale Kompetenz“.
Auch wenn Kurzarbeit nicht für Auszubildende anwendbar ist, könnte sie die Ausbildung betreffen. Laskarin machte aber deutlich, dass die Kurzarbeit bei der HOMAG nur bereichsweise eingesetzt würde, der Ausbildungsbereich sei aber außen vor. Auch die Anzahl der Auszubildenden habe sich durch Corona kaum verändert, und auch dies sei eine positive Nachricht, waren sich die Teilnehmer*innen einig. „Bei der HOMAG ist vom Beginn an klar: Wenn man ausgelernt hat, wird man auch übernommen“, so Mayer. „Diese Herangehensweise ist sehr zu begrüßen. Sie gibt Perspektive und Sicherheit für die Azubis“, bekräftigte Reichstein.
Esken zeigte sich ebenfalls erfreut, sprach aber auch das Thema der sachgrundlosen Befristung von Arbeitsverträgen an, die insbesondere junge Menschen besonders oft treffe. „Klar, wenn die Arbeitsmarktlage gut ist, weiß man, dass man schnell einen neuen Job bekommt, aber man weiß eben nicht wo. Wie soll denn so eine Lebens- oder gar Familienplanung funktionieren?“ Negative Auswirkungen sieht die SPD-Parteivorsitzende aber auch für die Gesellschaft. Wer nicht wisse, wo er im nächsten Jahr lebe und arbeite, engagiere sich auch nicht im Verein, in der Kirchengemeinde oder in einer Partei. „Auf Dauer geht so unsere Zivilgesellschaft vor die Hunde – das kann eine verlängerte Probezeit nicht wert sein“. Für die SPD sei diese Analyse Grund genug, die Befristungen soweit als möglich zurückzudrängen und sie ohne Sachgrund zu verbieten.
Zum Abschluss äußerte die Gesprächsrunde unisono die Hoffnung auf ein baldiges Zusammentreffen vor Ort bei der HOMAG in Holzbronn: Wenn Corona unter Kontrolle sei, wolle man sich zu einem Rundgang durch den Betrieb verabreden. Auch der Besuch in Berlin müsse nach Möglichkeit nachgeholt werden, so die Bundestagsabgeordnete.
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