Esken: „Der Sozialstaat sichert und unterstützt!“

Die SPD-Bundestagsabgeordnete und die Chefin der Arbeitsagentur Nagold-Pforzheim, Martina Lehmann, sprachen über die aktuelle Arbeitsmarktlage in den Landkreisen Calw und Freudenstadt.

Die SPD-Bundestagsabgeordnete Saskia Esken und Martina Lehmann, Leiterin der Arbeitsagentur Nagold-Pforzheim, tauschten sich vor dem Hintergrund der Corona-Krise telefonisch aus.

BERLIN/ NAGOLD. In Zeiten von Corona die schiere Existenz zu sichern und so unkompliziert wie möglich zu unterstützen, wenn notwendig, auch langfristig – das sei das zentrale Anliegen von Arbeitsagentur und Jobcenter, so Martina Lehmann, Vorsitzende der Geschäftsführung der Agentur für Arbeit Nagold-Pforzheim, gleich zu Beginn des Telefongesprächs mit der Bundestagsabgeordneten Saskia Esken. Sie sprachen zur aktuellen Situation auf dem Arbeits- und Ausbildungsmarkt sowie über das beschlossene Konjunkturpaket der Bundesregierung. Zum Austausch über die Arbeit während der Corona-Pandemie kam auch Peter Schuster, Geschäftsführer des Jobcenters Freudenstadt, zum Gespräch hinzu.

Martina Lehmann stellte aktuelle Zahlen zum Kurzarbeitergeld vor: „Über 6.000 Betriebe aus der Region Nordschwarzwald haben Kurzarbeit angezeigt. Davon haben wir inzwischen einen Großteil bewilligt und innerhalb weniger Tage ausgezahlt. Fast jede zweite Person, für die Kurzarbeit angezeigt ist, kommt aus dem verarbeitenden Gewerbe. Auch aus Handel und Gastgewerbe kommen viele, die Kurzarbeitergeld beziehen.“ Trotzdem verzeichnet die Region einen Anstieg der Arbeitslosigkeit um mehr als 50 Prozent. Angesichts der vielen Einschnitte, die Gesellschaft und Wirtschaft seit März spüren, erklärte Esken: „Mit dem Kurzarbeitergeld haben wir ein Instrument, das aktuell möglichst viele vor der Arbeitslosigkeit schützen soll. Soforthilfen haben vor allem Selbständigen und kleinen Unternehmen über den Lockdown geholfen. Mit dem Konjunkturpaket der Bundesregierung sorgen wir nun auch dafür, dass die Wirtschaft wieder in Schwung kommt. Natürlich erhoffe ich mir, dass wir damit langfristig möglichst viele Arbeitsplätze erhalten, Existenzen sichern und den Wohlstand hier im Nordschwarzwald sichern können.“

Esken, die als SPD-Vorsitzende an den Verhandlungen zum Konjunkturpaket beteiligt war, stellte auch einige der beschlossenen Maßnahmen vor: „Für Menschen, die nun vorübergehend auf Grundsicherung zurückgreifen müssen, bleibt der vereinfachte Zugang bis zum 30. September 2020 bestehen. Das heißt: die Vermögensprüfung entfällt für die ersten sechs Monate und die Ausgaben für Unterkunft und Heizung werden in tatsächlicher Höhe anerkannt. Beschlossen haben wir auch, dass Firmen, die ihr Ausbildungsplatzangebot 2020 im Vergleich zu den drei Vorjahren nicht verringern oder dieses gar erhöhen, für jeden neu geschlossenen Ausbildungsvertrag eine einmalige Prämie erhalten. Und wir arbeiten jetzt schon daran, dass die erweiterten Regelungen zum Kurzarbeitergeld auch nach dem 1. Januar 2021 gelten.“

Junge Menschen aus dem Nordschwarzwald, die dieses Jahr eine Ausbildung beginnen möchten, haben gute Chancen auf einen Ausbildungsplatz. „Wir haben mit rund 800 Betrieben telefoniert und über 90 Prozent planen, ihr Ausbildungsplatzangebot aufrecht zu erhalten. Derzeit sind noch 2.000 Stellen offen, während 1.500 Jugendliche eine Ausbildung suchen“, berichtete Lehmann. Die Arbeitsagentur unterstütze mit neuen Angeboten: So wurden Hotlines und virtuelle Angebote erweitert und aktuell ist zusätzlich ein virtuelles Sommercamp geplant, das auf Vorstellungsgespräche vorbereiten soll, so Lehmann.

Wenn für 45 Prozent der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten Kurzarbeit bei der Agentur für Arbeit angezeigt wird und gleichzeitig die Arbeitslosigkeit im Vorjahresvergleich um mehr als 50 Prozent steigt, dann stellt das auch eine moderne Verwaltung wie die Arbeitsagentur vor große Herausforderungen. Lehmann erklärte: „Das geht nur mit einem leistungsstarken Team und auch die frühzeitigen Investitionen in unsere IT haben sich vollkommen ausgezahlt. So haben wir unsere Online-Services in den letzten Wochen weiter deutlich ausgebaut, etwa mit unserem neuen Selfie-Ident-Verfahren, das unseren Kunden die Identifizierung ohne Behördengang ermöglicht oder unserer Kurzarbeit App. Perspektivisch werden wir auch Videoberatungen ausbauen, was gerade im ländlichen Raum sehr attraktiv ist. Auch zukünftig braucht es persönliche Beratung, aber für viele Menschen hilft zunächst ein Videogespräch. Das ist zeitgemäß und kundenfreundlich, schont die Umwelt und spart Kosten“. Angesichts dessen betont Esken: „Ein moderner Sozialstaat braucht auch eine moderne Verwaltung. Dass die Arbeitsagentur und die Jobcenter in den vergangenen Jahren ihre IT-Infrastruktur ausgebaut haben, kommt nun allen zugute, die aktuell Unterstützung benötigen. Am Ende gehören dazu aber auch engagierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die in den vergangenen Wochen eine immense Arbeit zu bewältigen hatten, und denen ich auch ganz persönlich meinen Dank ausspreche.“

Zum Abschluss des Gesprächs kam Peter Schuster, seit Februar 2020 neuer Geschäftsführer des Jobcenters Landkreis Freudenstadt, zur Telefonkonferenz hinzu. Er sprach über die Situation vor Ort: „Innerhalb kurzer Zeit hat sich die Anzahl der Anträge für die Grundsicherung fast verdreifacht, dennoch konnten wir schnell bewilligen. Den Menschen und uns als Jobcenter haben die vereinfachten Regelungen für die Grundsicherung wirklich sehr weitergeholfen. Ebenso hilfreich ist es, dass die Bezugsdauer des Arbeitslosengelds I verlängert wurde.“

Als langfristige Herausforderung für das Jobcenter benannte Schuster die Unterstützung derjenigen, die noch keinen Berufsabschluss haben. Er betonte dabei: „Wir stellen den Menschen Leistungen zur Verfügung, aber wir beraten auch.“ Saskia Esken sagte anerkennend: „Diejenigen, die jetzt ohne Arbeit sind oder deren Umsätze als Selbständige eingebrochen sind, kostet es viel Überwindung, Grundsicherungsleistungen zu beantragen – gerade wenn sie ein Leben lang gearbeitet haben. Deshalb ist es äußerst wichtig, dass sie von den lokalen Jobcentern schnell und unkompliziert unterstützt werden, wie hier im Nordschwarzwald. Ich bin sehr froh, dass die Instrumente des Sozialstaats funktionieren!“ Auch Martina Lehmann zeigte sich zuversichtlich: „Bei den Menschen überwiegt der Respekt für das, was derzeit geschafft wird und sie vertrauen in Politik und Sozialstaat. Der schönste Dank für uns ist, dass Betriebe, Arbeitssuchende und Arbeitslose uns positive Rückmeldungen geben. Das gibt uns Kraft.“

Zurück

Kommentare

Einen Kommentar schreiben

Bitte addieren Sie 4 und 5.