Bürger fragen – Politiker antworten: Heute zu meinem Berichterstatterthema #DigitaleBildung

Im Rahmen Ihrer Recherche zu einer wissenschaftlichen Ausarbeitung in Politik ist Lehramtsanwärterin Jenny F. aus Ludwigsburg auf meinen Artikel “Bildungssystem muss fit für Digitalisierung werden!” gestoßen, und sie hat mir einige vertiefende Fragen dazu gestellt, die ich sehr gerne beantworte und mit ihrem Einverständnis hier veröffentliche.

Wo sehen Sie Gründe dafür, dass Deutschland digital anderen Ländern hinterher hinkt?

Für das eher unterdurchschnittliche Abschneiden deutscher Schülerinnen und Schüler bei der internationalen ICILS-Studie können mehrere Gründe angeführt werden. Fatal wirkt vor allem, dass die deutschen Bildungseinrichtungen beim Einsatz digitaler Medien und Lernmaterialien im Unterricht im internationalen Vergleich das Schlusslicht bilden. Auch nach Befragungen, unter anderem des BITKOM, liegt das aber nicht am mangelnden Willen der Lehrkräfte, die Technologien im Unterricht einzusetzen. Vielmehr fehlen wichtige Grundlagen und Rahmenbedingungen wie eine verlässliche technische Infrastruktur und passgenaue Fortbildungen zum Einsatz digitaler Medien in Lernprozessen, die jüngere und ältere Lehrkräfte da abholen, wo sie mit ihren Kenntnissen stehen. Auch in der Lehrerausbildung findet die Didaktik mit und durch digitale Medien in allen Bundesländern bislang zu wenig Beachtung und ist in den Studien- und Prüfungsordnungen noch nicht als verpflichtendes Element verankert.

Welche grundlegenden Veränderungen muss es in unserer Gesellschaft und im Bildungssystem geben, um nicht länger das Schlusslicht zu bilden?

Die Digitalisierung der Gesellschaft, der Wirtschaft und der Arbeitswelt geht mit großen Schritten voran und bietet in allen Bereichen Herausforderungen und Chancen. Damit alle Menschen in Deutschland an den Chancen der Digitalisierung teilhaben können, damit wir uns als Gesellschaft gemeinsam an die Bewältigung der anstehenden Herausforderungen begeben können, müssen wir die Unterschiede in der digitalen Kompetenz der Menschen, die sogenannte digitale Spaltung überwinden. Unser Bildungssystem muss sich deshalb aufmachen, die Lebensrealität insbesondere jüngerer Menschen ernst zu nehmen und fächerübergreifende Medienbildungskonzepte ebenso wie eine informatische Grundbildung für alle ermöglichen. Ein kompetenter und gestalterischer Umgang mit digitalen Medien, Informationen und Daten ebenso wie mit den technischen und rechtlichen Grundlagen der Digitalisierung muss verpflichtender Bestandteil der Bildungspläne aller Bundesländer werden.

Ebenso wichtig ist es aber auch, die Chancen der Digitalisierung für die Qualität der Bildung und für die Bewältigung neuer Herausforderungen wahrzunehmen. Wir denken hier an den Umgang mit der Diversität von Lehrenden und Lernenden und damit an ein Inklusives Bildungssystem, an die Weiterentwicklung des Bildungsbegriffs von der Wissensvermittlung hin zum Kompetenzerwerb und insbesondere die sogenannten 21st century skills - Kreativität, Kommunikation, Kollaboration und kritisches Denken – die für eine moderne, offene und innovative Wirtschaft und Gesellschaft im 21. Jahrhundert so zentral wichtig sind.

Welche Relevanz sehen Sie in der Umsetzung von digitaler Bildung im Grundschulbereich?

Gerade in den Grundschulen sollten im Sinne der Erziehungspartnerschaft gemeinsam mit den Eltern Konzepte für die Medienbildung und Mediennutzung entwickelt werden, um damit die besten Grundlagen für einen kompetenten und souveränen, kritischen Umgang mit digitalen Medien zu schaffen. Bereits 91% der sechs- bis dreizehnjährigen Kinder haben zu Hause Zugang zu einem Computer/Laptop und beachtliche 57% sind Internetnutzer. Im Unterricht sollte es den Kindern deshalb möglich sein, sich mit dem digitalen Lernmedium spielerisch auseinanderzusetzen und die ersten Schritte in der digitalen Welt, die sie zu dieser Zeit sowieso unternehmen, mit pädagogischer Begleitung zu tätigen.

Ich finde ich es deshalb dringend notwendig, dass gerade in der Ausbildung von Grundschullehrkräften mediendidaktische Inhalte verpflichtend verankert werden. Im Rahmen der beschriebenen, gemeinsamen Entwicklung von Medienbildungskonzepten sollten passgenaue Fortbildungsangebote an die Schulen geholt werden, um allen Lehrkräften das notwendige Rüstzeug und die erforderliche Souveränität im Umgang mit digitalen Medien im Unterricht mitzugeben.

Was tut eigentlich die Politik?

Auch im Bundestag und dort insbesondere in meinen Ausschüssen „Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung“ und „Digitale Agenda“ haben wir uns intensiv mit dem Thema #DigitaleBildung beschäftigt. Wir haben zum Vorhaben der Digitalen Agenda der Bundesregierung, gemeinsam mit den Ländern und anderen Akteuren des Bildungssystems eine „Strategie Digitales Lernen“ zu entwickeln und umzusetzen, vor der Sommerpause einen Antrag von SPD und Union erarbeitet und beschlossen: http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/18/044/1804422.pdf. Wir haben die Überwindung der Digitalen Spaltung in den Titel aufgenommen, um deutlich zu machen, wie wichtig es uns ist, durch digitale Bildung dazu beizutragen, dass niemand zurückbleibt und allen Menschen die volle Teilhabe an einer digitalisierten Welt offensteht. Wir erwarten jetzt von der Bundesregierung, aber vor allem auch von den Bundesländern, die für die schulische Bildung nahezu alleine zuständig sind, dass die in unserem Antrag beschriebenen, notwendigen Schritte unternommen werden, damit das deutsche Bildungssystem in der digitalen Bildung nicht weiterhin hinterher hinkt.

Und was können Sie selbst tun?

All denjenigen, die sich für das Thema #DigitaleBildung tiefergehend interessieren, empfehle ich die großartige Chance für Weiterbildung, Austausch und Vernetzung, die unter dem hashtag #EdchatDE jeden Dienstag um 8 Uhr für eine Stunde über den Twitter-Kanal rauscht. Als Mitglied eines weitverzweigten Netzwerks digital interessierter und versierter Lehrkräfte, die sich nicht nur am Dienstag und nicht nur via Twitter austauschen und gegenseitig unterstützen, fällt es nämlich deutlich leichter, einfach mal mutig auszuprobieren, was andere schon mit guten Erfolg umsetzen. Unter https://edchat.de erläutern die zwei versierten Aktivisten digitalen Lernens André Spang und Torsten Larbig die Idee hinter dem von ihnen initiierten Chat, den sie wöchentlich vorbereiten und moderieren, und sie erklären, wie er funktioniert. Viel Spaß dabei!

 

Zurück

Kommentare

Einen Kommentar schreiben

Bitte addieren Sie 3 und 8.