"Frauen in Not brauchen Hilfe“

Mit knappen Mitteln kämpft der Verein FrauenHilfe Freudenstadt gegen Gewalt an Frauen. Beim Besuch der SPD-Bundestagsabgeordneten Saskia Esken wurde deutlich, wie groß die Defizite in der Versorgung sind.

Mitarbeiterin Heike Heinzelmann (von links) und die Vorstandsmitglieder Martina Sillmann und Anne Kiel-wein fanden in der SPD-Bundestagsabgeordneten Saskia Esken eine Unterstützerin für ihre Arbeit. Foto: Benjamin Breitmaier

Kreis Freudenstadt. Das Problem scheint offensichtlich: Frauen in Not brauchen Hilfe. Frauen, die in der Partnerschaft Gewalt erfahren, brauchen manchmal kurzfristig einen Ort, wo sie und ihre Kinder vor Gewalt geschützt werden und mit Hilfe kompetenter Beratung einen Ausweg aus ihrer Situation finden können. Frauenhäuser sind ein solcher Ort, doch von Freudenstadt liegen die nächsten Häuser weit entfernt, und die Plätze dort sind stark nachgefragt. Der Ruf nach einem eigenen Frauenhaus für Freudenstadt ist nicht zu überhören.

Nach einem Besuch im Frauenhaus im Kreis Calw sprach die SPD-Bundestagsabgeordnete Saskia Esken mit Verantwortlichen des FrauenHilfe-Vereins Freudenstadt über die vielfältigen Hürden, die es bei einem derartigen Projekt zu bewältigen gilt.

Rückenwind gibt es derweil aus Berlin. Die Familienministerin der SPD, Franziska Giffey, will die Hilfe für Frauen, die unter häuslicher Gewalt leiden, von nun an mit Bundesmitteln unterstützen, im schon begonnenen Haushaltsjahr mit einem anteiligen Betrag von 6 Millionen Euro, für 2020 sind dann 30 Millionen Euro eingestellt. Gelder, die auch einem Projekt in Freudenstadt helfen könnten.

Unter dem Namen "Istanbul-Konvention" verabschiedete der Europarat ein Übereinkommen zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen, das Deutschland ratifiziert hat. Die darin enthaltene Empfehlung, pro 10000 Einwohnern einen "Familienplatz" mit zweieinhalb Betten bereitzustellen, muss nun in gesamtgesellschaftlicher Verantwortung umgesetzt werden.

Bei knapp 117000 Einwohnern im Kreis Freudenstadt ergibt sich hieraus ein Bedarf von etwa zwölf Plätzen und mit insgesamt 30 Betten. "Als einer der letzten Kreise in Baden-Württemberg hat Freudenstadt kein Frauenhaus", ärgert sich Martina Sillmann, die Vorsitzende des Freudenstädter FrauenHilfe-Vereins.

Bisher tun Sillmann und ihre Mitstreiterinnen sich schwer, Unterstützung für das Projekt zu finden. Die Landkreisverwaltung verweist auf die Versorgung durch umliegende Häuser, zeigt sich aber oft sperrig bei der Kostenübernahme. In den Jahren 2014 und 2015 wehrte sich der Landkreis sogar vor Gericht dagegen, die psychosoziale Betreuung einer Frau aus dem Kreis zu finanzieren, die in einem Heilbronner Frauenhaus untergebracht war. Der Landkreis verlor, er musste zahlen. Anders als von der Verwaltung dargestellt, können die umliegenden Frauenhäuser den Bedarf nach der Erfahrung der Frauen im Frauenhilfe-Verein keinesfalls abdecken: "Die Auslastung der Frauenhäuser im Land ist wahnsinnig hoch. An vielen Tagen im Jahr ist nirgendwo ein Platz verfügbar", erzählt Sillmann im Gespräch mit Esken. Insbesondere der ländliche Raum sei von dem Mangel betroffen.

Ein Frauenhaus für Freudenstadt – ein Projekt in dieser Größe ist ohne eine starke hauptamtliche Unterstützung und entsprechend sichere Finanzierung keinesfalls zu stemmen. "Dafür ist unser Verein zu klein", weiß Sillmann. Die etwa 20 Aktiven des Vereins leisten heute schon eine vielfältige Arbeit von der Beratung über Bildungsangebote bis hin zur Öffentlichkeit. Der Landkreis finanziert mit einer 60-Prozent-Stelle nur knapp mehr als die Hälfte des Etats. Jedes Jahr müsse der Verein bangen, wie er den weiteren Finanzbedarf von fast 60 000 Euro deckt.

Esken sieht bei der Unterstützung auch Land und Bund in der Verantwortung: "Bei der Grundfinanzierung dieser wichtigen öffentlichen Aufgabe dürfen Land und Bund die Kommunen nicht alleine lassen", erklärte die Bundestagsabgeordnete. Wie die Mittel aus dem Familienministerium verteilt werden, wird derzeit geklärt. Esken will sich deshalb möglichst bald mit allen Beteiligten einen Runden Tisch setzen, um zu erörtern, wie die Umsetzung der Istanbul-Konvention im Kreis Freudenstadt aussehen könnte.

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