In der Veranstaltungsbranche fehlt die Planungssicherheit

Die SPD-Bundestagsabgeordnete Saskia Esken kam zu einem digitalen Austausch mit Vertreter*innen der Veranstaltungsbranche zusammen. | Einsatz für Kunst- und Kulturszene.

Bildnachweis: Dietmar Wadewitz

CALW/ FREUDENSTADT. Die Event- und Veranstaltungs-Branche leidet besonders schwer unter den Maßnahmen zur Bekämpfung der Corona-Pandemie. Seit gut einem Jahr finden kaum Veranstaltungen statt und wenn doch, dann mit Einschränkungen und unter Auflagen. Viele Veranstalter und Unternehmen, die veranstaltungsnahe Dienstleistungen anbieten, haben existenzielle Sorgen, auch im Nordschwarzwald. Grund und Anlass für die Bundestagsabgeordnete Saskia Esken, sich mit Vertreter*innen dieser Branchen zu einem digitalen Gespräch zu verabreden und sich so einen Überblick über die aktuelle Lage zu verschaffen.

Esken betonte die Bedeutung von Kultur, auch und gerade in einer Pandemie: „Kultur ist nicht nur Seelenwärmer und ganz entscheidender gesellschaftlicher Kitt, sondern auch ein erheblicher Wirtschaftsfaktor“. Einige würden in Pandemie-Zeiten die Gastronomie und die Kultur hinten anstellen und aus dem Blickfeld verlieren. In zahlreichen Schalten mit Künstlern, Kulturschaffenden und Veranstaltern auf Wahlkreis-, Landes- und Bundesebene hat Esken sich als Abgeordnete und SPD-Parteivorsitzende über die sehr diverse Situation der Branche ausgetauscht. Im Koalitionsausschuss ebenso wie in der SPD-Bundestagsfraktion habe man die die Nöte der Branche erkannt und habe im Lauf der Pandemie immer feiner abgestimmte Maßnahmen ergriffen. Dazu gehörten vor allem die November- und Dezemberhilfen und die gerade anlaufende Überbrückungshilfe III. Klargestellt sei hier, dass auch Veranstaltungsstätten als direkt betroffene Unternehmen antragsberechtigt sind. Daneben seien auch viele indirekt Betroffene antragsberechtigt, wenn sie regelmäßig 80% ihrer Umsätze mit direkt von den Schließungsmaßnahmen betroffenen Unternehmen erzielen. Das würde auch auf viele in der Eventbranche (wie Tontechniker, Bühnenbauer und Beleuchter) zutreffen, führte Esken weiter aus.

Esken wies zudem auf Anfang Februar im Bundeskabinett beschlossene Anschluss-Programm für das Programm „Neustart Kultur“ hin. „Dieses Programm hatten wir im Sommer 2020 mit einem Volumen von einer Milliarde Euro beschlossen, um der Kunst- und Kulturszene zu helfen. Die Gelder sind sehr gut angenommen worden. Deshalb haben wir jetzt ein Anschluss-Programm beschlossen, das wiederum ein Volumen von einer Milliarde Euro hat“, so die Abgeordnete. Darin seien Gelder für den Erhalt der Kulturinfrastruktur, für Neustarts in Theaterhäusern, Kinos oder Clubs mit neuen Hygienekonzepten oder für alternative, digitale Angebote enthalten.

Jürgen Ott von der Konzertagentur „concetera“ freute sich über das Interesse der Bundestagsabgeordneten für das Thema und über die Unterstützung aus der Bundesregierung. Die November- bzw. Dezemberhilfen kämen gut an, „die Branche sieht, dass der Bund sich Mühe gibt, die Probleme erkennt und auch angeht“, so Ott. Dominik Schirle, Mitglied der Geschäftsleitung von „MF Sound & Light" in Calw pflichtete ihm bei: „Die Veranstaltungsbranche wird von der Politik gesehen und ernstgenommen. Das freut uns sehr.“ Er wies auch darauf hin, dass die Branche sehr heterogen und vielfältig sei, deshalb sei die Förderung auch so schwierig.

Beide betonten, dass das Hauptproblem weiterhin die Planungsunsicherheit sei, vor allem für bereits geplante Veranstaltungen im Sommer. „Wie wissen einfach nicht: Kann die Veranstaltung überhaupt stattfinden? Wenn ja: reichen die erdachten Hygienekonzepte aus? Wer kommt für die Verluste auf?“, erzählte Ott.

Esken verwies in diesem Zusammenhang auf einen neuen, vom Finanzministerium geplanten Fonds, der genau für solche Situationen konzipiert sei. Der Fonds soll zum einen Ertragsausfälle beim Wegfallen von Veranstaltungen ausgleichen und zum anderen bei aus Hygienekonzeptgründen nicht wirtschaftlichen Veranstaltungen eine finanzielle Beihilfe leisten. „Das Finanzministerium arbeitet mit Hochdruck an letzte Details. Ich hoffe, dass wir den Fonds so schnell wie möglich beschließen können, damit die Veranstalter-Branche wieder die Planungssicherheit hat, die sie dringend braucht. Ich freu mich, dass Olaf Scholz sich dezidiert für die Belange der Veranstalter-Branche und der Kultur-Szene einsetzt“, so die Abgeordnete.

Markus Kleinschmidt, stellvertretender Kulturamtsleiter der großen Kreisstadt Calw, berichtete von konterten Auswirkungen von Corona auf Veranstaltungen in der Region. Aufgrund der Pandemie und der notwendigen Maßnahmen zu deren Eindämmung seien für den Sommer 2021 große Veranstaltungen wie das Calwer Stadtfest unter diesen Bedingungen schlicht nicht möglich, da man die Anzahl der Besucher nicht kontrollieren könne. Veranstaltungen wie der Klostersommer könnten hingegen mit gewissen Einschränkungen stattfinden. Er unterstrich die Bedeutung von kulturellen Veranstaltungen, nicht nur für die Gesellschaft, sondern auch als Wirtschaftsfaktor. „Wenn jemand zum Klostersommer nach Calw kommt, bezahlt er ja nicht nur den Eintritt. Er übernachtet über das Wochenende in einem Hotel, geht ins Restaurant, kauft noch in Geschäften in der Stadt ein. Mit dem Wegfall der Veranstaltung fallen diese Sachen mit aus und verursachen einen wirtschaftlichen Schaden“, so Kleinschmidt.

Esken wies darauf hin, dass es jetzt darauf ankäme, neue Formate auch in der Veranstaltungsbranche auszuprobieren. So könne man etwa Konzerte mit geringer Auslastung für einen geringeren Preis online anbieten, also mit hybriden Formaten arbeiten. Das sei übrigens nicht nur in Pandemie-Zeiten interessant, sondern auch darüber hinaus: „Solche digitalen Formate sind auch interessant für Menschen mit Mobilitätseinschränkung oder für Menschen mit kleinen Kindern, die eben nicht einfach um 20 Uhr ins Konzert gehen können, den Kulturgenuss aber auch nicht missen wollen“, so die Bundestagsabgeordnete für den Wahlkreis Calw/ Freudenstadt weiter.

Esken sicherte zu, sich auf Bundesebene weiter für die Belange der Veranstaltungsbranche und der Kunst- und Kulturszene einzusetzen. Viviana Weschenmoser, SPD-Landtagskandidatin für Freudenstadt, die auch am Gespräch teilnahm, wies darauf hin, dass man auch auf Landesebene für mehr Sichtbarkeit der Branche sorgen und deren Belange ernster nehmen müsse. „Das betrifft nicht nur die Frage nach der Planungssicherheit, sondern auch die Frage der sozialen Absicherung von selbstständigen Künstlern“, so Weschenmoser, die früher selbst in der Veranstaltungsbrache tätig war.

Die Gesprächsteilnehmer*innen verabredeten sich auf baldige Wiederholung des Austauschs. „Die Hauptaufgabe der Politik ist es ja, auf aktuelle Situationen und die konkreten Probleme zu reagieren und schnellstmöglich Lösungen anzubieten. Dafür ist der Austausch mit verschiedenen Gruppen in der Gesellschaft unerlässlich“, so Esken.

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