Immer höhere Preise im Supermarkt, für Benzin, Gas, Öl und Strom - schon in der zweiten Hälfte des Jahres 2021 sahen sich Verbraucher mit einer Inflation von 4,5 Prozent konfrontiert. Diese Entwicklung hat sich durch den russischen Angriffskrieg auf die Ukraine nochmals verstärkt und verfestigt, und sie bringt vor allem Familien und Alleinstehende mit geringen Einkommen in existentielle Not. Es ist unsere Aufgabe als Sozialstaat, Not zu lindern. Doch auch bei mittleren Einkommen führt die Inflation mittlerweile dazu, dass Menschen sich deutlich einschränken müssen, und die Sorgen um die Zukunft sind groß.
Die Ampelregierung hat deshalb schon im Frühjahr ein umfangreiches Paket an Entlastungen auf den Weg gebracht, die nun Zug um Zug umgesetzt werden. So wirken seit Juni Tankrabatt und 9 Euro-Ticket, im Juli wird der Strompreis von der EEG-Umlage befreit und es werden Einmalzahlungen an erwachsene Grundsicherungsempfänger und Kinder im Kindergeldbezug ausgezahlt. Im September zahlen die Arbeitgeber die Energiepreispauschale an Erwerbstätige aus – auch im Minijob.
Einmalzahlungen und befristete Entlastungen helfen, doch bei längerfristig hohen Preisen sind sie auf Dauer keine Lösung. Wir benötigen deshalb Lösungen, die dauerhaft helfen und die gleichzeitig den Staat nicht dauerhaft überfordern. Während wir als Sozialstaat unsere Leistungen an die Inflation anpassen, müssen wir auf dem Arbeitsmarkt das Ziel verfolgen, gerade die niedrigen Erwerbseinkommen erheblich zu steigern. Man muss es ganz deutlich sagen: Jetzt ist nicht die Zeit der Lohnzurückhaltung!
Denn wenn die Kaufkraft durch die Inflation immer weiter sinkt, dann hat das auch negative Auswirkungen auf die Konjunktur. Wer schon vor dem Ende des Monats Mühe hat, den Kühlschrank zu füllen, wer die Heizkostenabrechnung wie ein Damoklesschwert über sich spürt, der verzichtet auf den Friseurbesuch, den Kinoabend, den Restaurantbesuch und erst recht auf den Urlaub. Durch steigende Löhne lösen wir stattdessen ganz unmittelbar eine Lohn-Kaufkraft-Spirale aus, die die Binnennachfrage stärkt. Die Erhöhung des Mindestlohns auf 12 Euro steigert das Einkommen von Millionen Erwerbstätigen, und er wird dazu führen, dass auch knapp darüber liegende Tariflöhne steigen. Doch leider arbeitet nur noch knapp die Hälfte der Beschäftigten in Deutschland im Tarif.
Es stimmt: Die Konzertierte Aktion, zu der Bundeskanzler Olaf Scholz Gewerkschaften und Arbeitgeberseite eingeladen hat, führt keine Tarifverhandlungen. Doch eines muss man sagen: Wenn es dort um den sozialen Frieden in Deutschland geht, dann muss die Stärkung der Tarifbindung ebenso ein Ziel sein wie der Sicherung von Energieversorgung, von Wirtschaftskraft und Arbeitsplätzen.
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