Am 25. Mai 2018, also in wenigen Tagen wird die europäische Datenschutzgrundverordnung (DSGVo) auch in Deutschland wirksam. Als unmittelbar rechtsgültige Verordnung schafft sie in allen europäischen Mitgliedstaaten ein harmonisiertes und durchsetzungsfähiges Datenschutzrecht. Auch global agierende Unternehmen wie Facebook, Google, Amazon und andere müssen sich daran halten, wenn sie mit persönlichen Daten von Nutzern am europäischen Marktort umgehen.
Nicht zuletzt der Fall der vermutlich mehr als nur millionenfachen, rechtswidrigen Weitergabe der Daten von Facebook-Nutzern hat uns vor Augen geführt, welche Gefahren im Missbrauch persönlicher Daten liegen können. Mehr und mehr fühlen sich Menschen der lückenlosen Beobachtung und gezielten Manipulation durch datengetriebene Geschäftsmodelle im Netz hilflos ausgeliefert. Nur ein wirksames und durchsetzungsstarkes Grundrecht auf Privatheit und Datenschutz kann es uns wieder ermöglichen, selbst darüber zu bestimmen, was mit unseren Daten geschieht.
Auf der anderen Seite stehen nun auch kleine Handwerksbetriebe und andere Unternehmen, aber auch Institutionen wie Volkshochschulen, Parteien und Vereine vor der Aufgabe, die Regeln und Pflichten der Datenschutzgrundverordnung umzusetzen. Auch wenn die meisten dieser Regeln und Pflichten in Deutschland schon sehr lange bestanden haben und die Übergangsfrist zwei Jahre Zeit gegeben hat, realisieren viele erst jetzt, dass sie womöglich etwas tun müssen.
Die Handreichungen und Vorträge, die so mancher Verband jetzt viel zu spät anbietet, sind oft zu wenig konkret und führen eher zur Verunsicherung, als dass sie bei der praktischen Umsetzung helfen würden. Zudem wird vor horrenden Bußgeldern gewarnt und eine Welle von Abmahnungen an die Wand gemalt. Auch die E-Mails und Briefe selbst ernannter Datenschutz-Experten, die nun ihre teuren Dienste anbieten, sind wenig hilfreich und schüren Ängste vor einer scheinbar nicht zu bewältigenden Aufgabe.
Bundeskanzlerin Merkel hat dieser Tage ein Gespräch mit dem Innenminister in Aussicht gestellt, um die „Regeln zur Umsetzung der DSGVo zu lockern“. Das klingt vielen, die jetzt in Sorge sind, wie Musik in den Ohren, und doch ist es ziemlich unlauter, denn diese Umsetzung liegt nun in den Händen der Datenschutz-Aufsichtsbehörden. Ich finde, Merkel sollte unbedingt mit Seehofer reden, über viele Themen, aber nicht über die Lockerung der DSGVo.
Ich für meinen Teil habe großes Vertrauen darin, dass die Aufsichtsbehörden bei der Anwendung von Sanktionen mit Augenmaß vorgehen und den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit wahren werden. Dieses Vertrauen hätten sich die Datenschützer sicher auch von der Bundeskanzlerin gewünscht. Stattdessen hat Merkel die Unabhängigkeit der Behörden vollkommen unnötig in Frage gestellt, die doch eine wichtige und zentrale Bedingung der Datenschutzgrundverordnung ist.
Ich sage: Die DSGVo ist kein Grund zur Panik. Sie ist ein gutes Regelwerk zum Schutz der Privatsphäre der Bürgerinnen und Bürger und der Verbraucherinnen und Verbraucher. Sie schützt nicht die Daten, sondern die Menschen vor dem Missbrauch ihrer Daten. Zudem bringt sie europäischen Unternehmen, die mit Daten arbeiten und Geld verdienen und gleichzeitig die Privatsphäre der Menschen achten, gleiche Bedingungen im Wettbewerb mit außereuropäischen Wettbewerbern.
Die Regeln und Pflichten der DSGVo einzuhalten, ist auch für kleine Betriebe und Institutionen machbar. Es gibt eine Menge sehr brauchbarer Tipps dazu im Netz, die kein Geld kosten – angefangen bei den Handreichungen der Datenschutz-Aufsichtsbehörden, den Landes- und Bundesbeauftragten für den Datenschutz.
Ich finde deshalb, man kann den Unternehmen und Institutionen guten Gewissens empfehlen, Gelassenheit statt Panik walten zu lassen. Es ist aber auch höchste Zeit, sich kundig zu machen, die Datenschutzerklärungen anzupassen und zumindest die Prozesse, bei denen personenbezogene Daten verarbeitet werden, zu überarbeiten. Insgesamt bietet die DSGVo einen guten Anlass, die Datenverarbeitung einer Institution ein bisschen „aufzuräumen“, zu modernisieren und dadurch nicht nur für den Schutz der Privatheit der Betroffenen zu sorgen, sondern auch für Datenqualität und Datensicherheit.
Insgesamt ist es mein Ansatz als stellvertretende Sprecherin der SPD für Digitalpolitik, die Chancen der Digitalisierung für alle Menschen gleichermaßen nutzbar zu machen. Schnelles Internet und gute Bildungs- und Weiterbildungsangebote für den digitalen Wandel müssen allen einen souveränen, individuellen Zugang dazu ermöglichen. Gleichzeitig gilt es durch politische und gesetzliche Rahmenbedingungen zu verhindern, dass aus der Digitalisierung neue Unfreiheiten, neue Ungleichheiten oder gar neue Diskriminierung entstehen.
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