Kolumne Neckar-Chronik: Eine Frage des Respekts

Viele Mitglieder und Gäste der SPD haben am vergangenen Wochenende mit dem Bundeskanzler und der Parteispitze bei unserem Debattenkonvent diskutiert. Und heute zeigt sich, dass die Debatten der SPD sich lohnen! Denn 2018 hatten die Mitglieder bei einem Debattencamp deutlich gemacht: „Wir müssen Hartz IV überwinden“. Daraufhin entwickelte die SPD ein Konzept für den neuen Sozialstaat, heute liefern wir und beschließen im Bundestag das neue Bürgergeld.

Die Anpassung der Regelsätze an die aktuelle Inflation muss kommen! Gleichzeitig geht es um eine neue Kultur im Umgang mit Menschen in Not. Sie sollen den Sozialstaat als Partner an ihrer Seite wissen, der ihnen Vertrauen entgegenbringt und mit der Förderung von neuen Qualifikationen dazu beiträgt, dass sie wieder Tritt fassen zu einem eigenständigen, selbstbestimmten Leben. Für mich ist das neue Bürgergeld in jeder Hinsicht eine Frage des Respekts.

Gerade die nachhaltige Förderung von Qualifikationen ist in Zeiten eines eklatanten Fachkräftemangels bedeutend. Oft steht der Vorrang einer Vermittlung in egal welchen Job einer nachhaltigen Förderung im Weg. Wir machen Schluss mit diesem „Drehtüreffekt“, nach dem die Menschen immer wieder beim Jobcenter landen, und ermöglichen durch passgenaue Qualifikation die langfristige Vermittlung in Arbeit.

Nach der Verabschiedung im Bundestag braucht das Gesetz auch die Zustimmung im Bundesrat. Doch CDU und CSU drohen mit Blockade – mit täglich wechselnden Argumenten, die jeder Grundlage entbehren, aber immer in eine Richtung zielen: Sie spielen arme Menschen gegen noch ärmere Menschen aus. Doch mit der Armut von Menschen spielt man nicht, schon gar nicht in Zeiten wie diesen.

Vielen erwerbslosen Menschen ist der Zugang zum Arbeitsmarkt erschwert, doch die allermeisten würden sehr gerne arbeiten. Denn Arbeit lohnt sich, in jeder Hinsicht. Sie stiftet Sinn und trägt zur gesellschaftlichen Teilhabe bei. Vor allem führt Arbeit – anders als die Union behauptet – immer zu einem höheren Einkommen als die Grundsicherung. Denn wer weniger verdient als das garantierte Existenzminimum, der hat ein Anrecht auf unterstützende Leistungen - sei es aufstockende Grundsicherung, Unterhaltsvorschuss, Wohngeld oder Kinderzuschlag. Wer das Gegenteil behauptet, lässt diese Leistungen unberücksichtigt. Das ist unsolide.  

Auch die Vertrauenszeit, in der ein Schonvermögen unangetastet bleiben soll und auch die angestammte Wohnung, wird von der Union kritisiert. Doch genau das wurde in der letzten Legislatur in einer unionsgeführten Regierung eingeführt. Es ist nicht zu begreifen, warum man diesen schonenden Übergang vom Arbeitslosengeld in die Grundsicherung nun so vehement ablehnt und sich damit von der eigenen Regierungsarbeit distanziert.

Mein Eindruck ist: Es geht Friedrich Merz gar nicht um die Sache. Doch mit einer parteipolitisch begründeten Fundamentalblockade wird der Oppositionsführer seiner Verantwortung nicht gerecht.

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