100 Jahre ist es her, dass Marie Juchacz und ihre Mitstreiterinnen und Mitstreiter in Deutschland das allgemeine Wahlrecht durchgesetzt haben - erstmals durften auch Frauen wählen und gewählt werden. Die Frauen haben sich das Recht, an demokratischen Wahlen teilzunehmen und so Politik und Gesellschaft mitzugestalten, hart erkämpft. 37 Frauen zogen im Januar 1919 zum ersten Mal in ein Deutsches Parlament ein. In den Jahrhunderten davor haben mutige Frauen ihr Leben darauf verwandt, manchmal ihr Leben gelassen, um einen Zustand herzustellen, der auch heute noch zu den Grundpfeilern unserer Republik zählt und uns dennoch so selbstverständlich erscheint.
Doch vom Wahlrecht zur echten Gleichstellung ist es ein weiter Weg. Auch 100 Jahre nach der Einführung des Wahlrechts sind Frauen auf allen Ebenen unserer Parlamente unterrepräsentiert. Während im europäischen Parlament bei 37% und im Bundestag bei 31% Frauenanteil die Quotenregelungen fortschrittlicher Parteien wirken, sind im Landtag von Baden-Württemberg gerade einmal ein Viertel der Abgeordneten Frauen. Doch obwohl - oder gerade weil? - die Wähler und Wählerinnen bei der Kommunalwahl ihre Stimmen ganz gezielt vergeben können, sieht es in den Gemeinderäten und Kreistagen in Baden-Württemberg und auch bei uns in der Region beim Frauenanteil düster aus. Im Kreistag Freudenstadt ist es mit 12,8% ein Achtel, der Schnitt in Baden-Württemberg beträgt - wie im Calwer Kreistag - ein Fünftel. In den Gemeinderäten meines Wahlkreises sitzen oft noch weniger Frauen. Doch das Schöne an einem Jahreswechsel ist: Er birgt die Hoffnung auf Veränderung.
Am 26. Mai besteht die Chance, nicht nur Kreuze zu machen, sondern selbst auf dem Zettel zu stehen, mitzureden, mitzugestalten – von den Kindergarten-Gebühren bis zur Hochbrücke. Es sind noch knapp viereinhalb Monate bis zur Kommunalwahl.
Liebe Frauen: Wir dürfen die Parlamente nicht den Männern überlassen!
Ich weiß, wie schwer ihr es habt, wie ihr jongliert und kämpft zwischen Familie und Beruf, und das in einem von Männern dominierten Umfeld, das starken Frauen allzu oft nicht wohlgesonnen ist. Es lohnt sich trotzdem. Der Kampf hat sich vor 100 Jahren gelohnt, er lohnt sich auch heute noch. Unsere Demokratie braucht Frauen - manchmal hab ich das Gefühl, mehr denn je -, nicht nur im Bundestag und in DAX-Vorständen, sondern vor allem auch in jeder einzelnen Gemeinde.
100 Jahre nachdem in Deutschland zum ersten Mal Frauen ihre Stimmzettel abgeben durften, bleibt das Ziel immer noch dasselbe: Echte Gleichberechtigung und Chancengleichheit. In viereinhalb Monaten haben wir die Chance, diesem Ziel wieder ein Stück näher zu kommen.
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