PERSÖNLICHE ERKLÄRUNG ZU DEN HEUTIGEN ABSTIMMUNGEN ZUM THEMA CETA

Persönliche Erklärung nach §31 GO BT der Abgeordneten Saskia Esken

zu den Anträgen der Fraktion der CDU/CSU und der SPD „Comprehensive Economic and Trade Agreement (CETA): Für freien und fairen Handel“ (Drucksache 18/9663),  der Fraktion DIE LINKE „Gemeinwohl vor Konzerninteressen – CETA stoppen“ (Drucksache 18/9665), sowie der Fraktion BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN „Comprehensive Economic and Trade Agreement (CETA) ablehnen“ (Drucksache 18/9621)

Heute entscheiden wir im Bundestag nicht etwa darüber, ob wir dem Vertragstext des Freihandelsabkommens mit Kanada (CETA) zustimmen oder ihn ablehnen. Der Deutsche Bundestag entscheidet heute, ob wir Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel den Auftrag erteilen, im Handelsministerrat der EU den aktuell vorliegenden CETA-Vertragsentwurf in die parlamentarischen Verfahren zu geben. Erst im weiteren Prozess, im Ratifizierungsverfahren, werden wir Bundestagsabgeordnete über eine mögliche Zustimmung oder Ablehnung zu CETA entscheiden.

Ich stimme dem Antrag von CDU/CSU und SPD heute zu. Ich bin davon überzeugt, dass die kritische Öffentlichkeit uns den Weg dazu geöffnet hat, Freihandelsabkommen als Chance zu nutzen, die Globalisierung im Sinne eines nicht völlig freien, weil fairen und sozialen Handels zu gestalten, und das nicht nur zwischen Handelspartnern auf Augenhöhe, sondern vor allem auch zwischen den Wirtschaftsmächten und der sich entwickelnden Welt. Ich stimme einer weiteren Beratung von CETA zu, weil es der SPD und allen voran Sigmar Gabriel in den bisherigen Verhandlungen gelungen ist, das Abkommen in wesentlichen Punkten zu verbessern: Ein wichtiges Beispiel dafür ist sicher der eingeschlagene Weg zu einem öffentlichen Handelsgerichtshof, der sich zum internationalen Standard entwickeln könnte. Ebenso hat die neue Regierung in Kanada in Aussicht gestellt, die Kernarbeitsnormen der internationalen Arbeitsorganisation ILO anzuerkennen und setzt damit eine wichtige Bedingung für faire Produktions- und Handelsbedingungen um.

Die SPD und meine SPD-Bundestagsfraktion haben zu CETA einen intensiven und guten Diskussions- und Abwägungsprozess organisiert, und den führen wir auch weiterhin –offen und transparent. Wir malen nicht einfach schwarz oder weiß, wir diskutieren in der Sache, überzeugen mit Argumenten und entwickeln unsere Position im Dialog mit den Menschen weiter.

Und dieser wichtige Meinungsbildungsprozess ist nicht abgeschlossen, denn auch der Parteikonvent der SPD hat am Sonntag in Wolfsburg nicht über CETA abgestimmt, wie viele schreiben. Wie schon der Konvent im Herbst 2014 und der Bundesparteitag im Dezember 2015, haben die Delegierten für die SPD klare Kriterien festgelegt, die wir als Sozialdemokraten an die mögliche Zustimmung zum Freihandelsabkommen und an den nun vor uns liegenden Prozess knüpfen.

Klar sollte bei allen Diskussionen sein: Bevor nicht sowohl der endgültige Vertragstext als auch die weiteren Vereinbarungen dazu zur Beschlussfassung im Bundestag vorliegen, können weder die einen ihre Hoffnung auf Wachstum und Arbeitsplätze begründen noch die anderen ihre Befürchtungen. Die klaren Bedingungen, die von der SPD definiert und beschlossen wurden, sind am Ende mein Maßstab und werden Maßstab für jeden SPD-Bundestagsabgeordneten sein; ich zitiere die folgenden vier Punkte aus einer Information meines Abgeordnetenkollegen Dr. Matthias Miersch:

  • „Im Bereich des Investorenschutzes muss mit Blick auf die Rechtstatbestände, wie z.B. ‚faire und gerechte Behandlung‘ und ‚indirekte Enteignung‘ sichergestellt werden, dass keine Bevorzugung von ausländischen gegenüber inländischen Investoren oder Bürgerinnen und Bürgern stattfinden. Investorenschutz sollte somit auf die Diskriminierung gegenüber inländischen Investoren beschränkt werden.
  • Es muss unmissverständlich und rechtsverbindlich erklärt werden, dass die EU im Rahmen des CETA-Abkommens in keiner Weise vom primärrechtlich verankerten Vorsorgeprinzip (Art. 191 AEUV) abweicht.
  • Im Rahmen des Beratungsprozesses muss ein Sanktionsmechanismus bei Verstößen der Partner gegen Arbeits-, Sozial- und Umweltstandards entwickelt werden. Die acht ILO Kernarbeitsnormen müssen ratifiziert werden.
  • Es muss sich aus dem CETA-Vertrag unmissverständlich ergeben, dass bestehende und künftig entstehende Dienstleistungen der öffentlichen Daseinsvorsorge nicht vom Vertrag erfasst werden.“

Für mich und meine SPD-Bundestagsfraktion gilt die Regel, dass die Wirtschaft den Menschen dient und nicht umgekehrt. Und auch der globalisierte Markt bestimmt seine Regeln nicht selbst, das ist und bleibt Aufgabe der Politik. Die vielen kritischen Stimmen innerhalb und außerhalb der SPD haben unsere Verhandlungsposition gestärkt. Jedes Schreiben an einen Politiker lohnt sich, es lohnt auf die Straße zu gehen, es lohnt mitzureden.

 

Saskia Esken, MdB

Berlin, den 22. September 2016

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